Die Zuweisung erfolgte durch die Amtsanwaltschaft. Der Beschuldigte und der Geschädigte waren beide durch Rechtsanwälte vertreten und hatten vorab der Durchführung des Täter-Opfer-Ausgleichs zugestimmt. Der Rechtsanwalt des Geschädigten, der gleichzeitig die Interessen des Firmeninhabers und Vaters des Geschädigten vertrat, hatte mit seiner Zustimmung die Erwartung verbunden, dass Schadensersatzansprüche (unter anderem Lohnausfallkosten) und Schmerzensgeldforderung reguliert würden. Ein zuvor erwirkter Mahnbescheid war erfolglos geblieben.
Erstgespräch
Am Anfang der Mediation stand die Einladung des Beschuldigten Z. zu einem Erstgespräch. Z. stammt aus Russland und betrieb zu dieser Zeit gerade seine Einbürgerung. Er leistete der Einladung sofort Folge und zeigte sich erschrocken über die Schwere der Verletzungen. Er war bereit, dem Geschädigten in einem persönlichen Gespräch sein Bedauern über die Tat auszudrücken. Grundsätzlich war er zu finanziellen Wiedergutmachungsleistungen bereit, wusste aber nicht, wie er das Geld aufbringen sollte.
Seine finanzielle Lage gestaltete sich sehr problematisch - er bezog nur ein niedriges Einkommen mit Anspruch auf ergänzende Sozialhilfeleistungen. Davon hatte Z. eine Familie mit zwei kleinen Kindern zu unterhalten. Seinem Anwalt war die Misere bewusst, er signalisierte ihm aber auch, dass die Forderungen der Gegenseite berechtigt sind. Der Anwalt des Beschuldigten begrüßte sehr den Vorschlag der Täter-Opfer-Ausgleich-Vermittlungsstelle, eine Einigung auf Schmerzensgeldbasis anzugehen.
Kein Interesse an Treffen
Ein weiterer Schritt war seitens der Täter-Opfer-Ausgleich-Vermittlungsstelle die Herstellung eines Kontaktes zu dem Geschädigten. Er wurde mittels eines Anschreibens und nach telefonischer Terminabsprache zu einem Gespräch eingeladen. M. schilderte dabei die schwerwiegenden Folgen, die ihm aus dem vergleichsweise nichtigen Anlass erwachsen waren. An einem Gerichtsverfahren war ihm aber nicht gelegen. Er wollte erreichen, dass der Beschuldigte künftig kontrollierter reagiert und hielt dies auf Grund der Reue von Z. für gewährleistet. Im Gespräch mit der Vermittlungsstelle wurden ausführlich die Möglichkeiten eines Konfliktregelungsgespräches erörtert. M. verspürte dazu wenig Neigung, zumal er keine persönlichen Wut- oder Rachegefühle hegte.
Geschädigter erwartet finanzielle Wiedergutmachung
Er erwartete eine zufrieden stellende finanzielle Wiedergutmachungsleistung. Zu Gesprächen über Höhe und Modalitäten von Zahlungen verwies er die Vermittlungsstelle an seinen Anwalt. Die Amtsanwaltschaft zeigte sich offen für den Vorschlag, bei Vereinbarung eines angemessenen Schmerzensgeldes im Rahmen des Täter-Opfer-Ausgleichs das Strafverfahren einzustellen.
Der Anwalt des Geschädigten stimmte dem Vorschlag zu, durch Inanspruchnahme des Opferfonds der TOA-Vermittlungsstelle zu gewährleisten, dass der Geschädigte relativ zeitnah sein Schmerzensgeld erhalten sollte. Alle anderen Ansprüche sollten für für das TOA-Verfahren abgetrennt werden. Der Rechtsanwalt des Beschuldigten hielt die geforderte Summe für angemessen und war einverstanden.
Ratenzahlung
Der Geschädigte hatte sich unterdessen nach einer Bedenkzeit endgültig gegen ein Konfliktregelungsgespräch entschieden.
Er zeigte sich erleichtert über die Aussicht, in absehbarer Zeit Schmerzensgeld zu erhalten. In einem persönlichen Gespräch mit dem Beschuldigten und dessen Ehefrau stellte sich heraus, dass bereits Schulden existierten. Die Eheleute überlegten gemeinsam, welche monatliche Belastung verkraftet werden könnte. Es kam zur Vereinbarung einer Gesamtsumme zur Wiedergutmachung des Schadens, die in monatlichen Raten abgezahlt werden konnte.
Die Raten wurden regelmäßig an die Vermittlungsstelle überwiesen und sofort nach Eingang an den Geschädigten weitergeleitet. Nach einem halben Jahr regelmäßiger Zahlungen wurde der gesamte Restbetrag in Form eines Darlehens aus Mitteln des Opferfonds der Vermittlungsstelle an den Geschädigten weitergeleitet. Der Beschuldigte musste bis zur endgültigen Tilgung Ratenzahlungen in den Opferfonds erbringen.
Schriftliche Vereinbarung
Die Anwälte erhielten die Vereinbarung schriftlich zur Kenntnis. Der Geschädigte bekam die Exemplare zur Unterschrift. Mit einem Telefonanruf und der Rücksendung der unterschriebenen Exemplare bekundete der Geschädigte seine Zustimmung. Die Vermittlungsstelle übermittelte der Amtsanwaltschaft einen Bericht, verknüpft mit der Zusage, nach einem halben Jahr über die Einhaltung der Vereinbarung abschließend zu berichten. Zu den Aufgaben der Vermittlungsstelle gehörte auch die Zahlungsüberwachung und Zahlungsabwicklung - der Beschuldigte hat die anstehenden Raten vereinbarungsgemäß und fristgerecht gezahlt.
Vorteile des Täter-Opfer-Ausgleichs
Der Beschuldigte hat einen Arbeitsplatz und lebt in geordneten Verhältnissen. Seine Perspektive von Einbürgerung und Integration wird nicht erschwert. Eine Geldstrafe hätte den Beschuldigten und seine Familie in noch größere finanzielle Probleme gestürzt.
Die Zahlung, die er leistete, kommt dem Geschädigten direkt zugute.
Der Geschädigte hätte ansonsten versuchen müssen seine Ansprüche mittels eines Zivilverfahrens geltend zu machen und vermutlich sehr lange auf sein Geld warten müssen.
Der Geschädigte hat über das Schmerzensgeld auch Genugtuung erfahren.